Lomografie – die Kunst des schlechten Fotos

Dieser Artikel ist schon etwas älter. Damals habe ich hier noch über Design, Webtrends, Fotografie und die Kreativbranche geschrieben.

Inzwischen geht es nur noch um interessante Videos, das Erstellen interessanter Videos und das Verbreiten interessanter Videos auf YouTube. Ja ich weiß, klingt langweiliger - macht aber Spaß!

Ich hoffe dir gefällt der Artikel trotzdem (oder gerade deswegen?)

Spätestens seit Instagram die sozialen Netzwerke der Welt mit seinen quadratischen, kunstvoll entsättigten und zelluloidgerahmten Bildern überflutet, ist der Hype um den Retro-Look von Fotografien ein Massenphänomen geworden. Dutzende Smartphone-Apps bieten unzählige Filter und Bearbeitungsmöglichkeiten um den eben getätigten Handy-Schnappschuss kunstvoll auf alt oder fehlerhaft zu trimmen. Doch woher kommt dieser Trend?

Knallige und verschobene Farben, Lichteffekte auf den Bildern, grobe Körnung und hoher Kontrast – das sind Attribute, die heute erwünscht sind und mit deren Hilfe versucht wird, künstlerisch aus der Fotoflut des Digitalzeitalters hervorzustechen. Doch das war nicht immer so. In den Anfängen der Fotografie wurden alle Anstrengungen unternommen um ein möglichst naturgetreues Abbild zu erreichen.

Die Lomo LC-A

Aber genau das wollte den Ingenieuren der sowjetischen Lomo Werke in Sankt Petersburg Anfang der 80er Jahre nicht wirklich gelingen. Ihre LC-A (Lomo Kompakt Automat) war als kommunistische Volkskamera gedacht und überzeugte durch eine hohe Lichtempfindlichkeit und ein robustes Gehäuse. Doch gelang es ihr nicht, ihre Umwelt naturgetreu abzubilden. Die Farben lagen daneben, der Film wurde nicht richtig transportiert und durch ungewollte Öffnungen drang Licht ins Kamerainnere.

Die (Wieder)Entdeckung der Lomografie

Nach mäßigem Erfolg in der Sowjetunion und ihren kommunistischen Bruderstaaten wurde die Lomo 1991 von ein paar österreichischen Studenten auf einer Reise entdeckt. Fasziniert von der Einzigartigkeit der Aufnahmen exportierten sie ihr Fundstück. Schnell entwickelte sich eine interessierte Fangemeinde und es wurde die “Lomographic Society International” gegründet – die Lomografie war geboren. Bis zu 1000 Stück der analogen Sowjetkamera konnten die Wiener Lomo-Vermarkter pro Monat absetzen. 1996 verhinderten sie in letzter Minute das Produktionsende der trotzdem unrentablen Kamera, indem sie den damaligen Vizebürgermeister von Sankt Petersburg geschickt von dem Image-Vorteil des Produktionsstandorts überzeugten. Sein Name: Vladimir Putin. Wie er allerdings den Leiter der Lomo Werke Ilja Klebanov zum Mitmachen bewegte ist ungewiss. Sicher ist nur, dass ebendieser Ilja Klebanov ein paar Jahre später unter Präsident Putin zum Industrieminister berufen wurde. Am Ende konnte man die Produktion sogar bis 2005 aufrechterhalten, bevor es in China weiterging.

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Bild: Adi Prakarsa

Lomografie heute

Ausstellungen in Wien, New York und Moskau wurden organisiert und die Gemeinschaft der Anhänger wuchs rasch. Die namensgebende Kamera Lomo LC-A wurde im Laufe der Jahre durch viele ähnlich rudimentäre und fehlerbehaftete Modelle ergänzt. Denn gerade die Unvorhersehbarkeit der Schnappschüsse macht den Reiz der Lomografie aus. Möglichst spontan und unkonventionell sollen die Bilder sein. Ein Ausdruck junger, dynamischer Fotokunst die zum Experimentieren und Spielen einlädt. Grenzen soll es keine geben und so lautet die letzte der Zehn goldenen Regeln der Lomografie auch treffend und ironisch zugleich: Vergiss die Regeln!

Bild: Adi Prakarsa

Bild: Adi Prakarsa

Bild: Adi Prakarsa

Einen Online-Shop mit etlichen Kameras und viel Zubehör sowie eine gigantische Foto-Community rund um die Lomografie bietet die Webseite der Lomographic Society International.

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2 Comments
  • Sebastian
    Posted at 14:37h, 11 Februar Antworten

    Hallo,

    ich hab mich ein wenig auf http://www.lomography.de umgeschaut – Lust hätte ich schon, aber ob ich so eine Kamera dann auch wirklich benutze? Dafür ist dieses Hobby dann doch etwas teuer (Filme, Entwicklung…).

    @Konrad: hast Du eine Lomo-Kamera?

    • Konrad Höfer
      Posted at 11:01h, 18 März Antworten

      Leider nein. Aus den gleichen Gründen…
      Ich komme mit DSLR und selbst mit dem Handy schon viel zu selten zum Fotografieren. Eine Lomo mal auszuprobieren steht aber nach wie vor auf meiner Liste 🙂

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